R E P O R T A G E

 

Internationale TV-Produktion vom 20. Skisprung Weltcup 2015 in Willingen

Die schönsten Livebilder sind beim Skisprung re-live zu sehen

27 HD-Kameras und acht Slomos liefern auch im Schneetreiben brillante Bilder

 

Die Fernseh-Livebilder jedes 10-sekündigen Skisprungs auf etwa eine Minute für die internationalen Zu­schauer mit den besten Szenen aus […]Perspektiven samt […]Highspeed-Kameras und acht Slomos in […]Bildumschnitten auch re-live zu inszenieren, war die besondere Heraus­forderung für den Regisseur und alle 70 Mitarbeiter. Jeder Fehler wäre, wie auch beim gezeigten Sport, sofort in Millionen Fernsehern zu sehen. Ein Blick hinter die winterlichen Kulissen der HDTV-Produktion in Willingen.

 Der 20. Skisprung Weltcup am Wochenende Ende Januar/Anfang Februar 2015 bescherte der 6 000 Einwohner-Gemeinde im nordhessischen Willingen neben viel Neuschnee auch etwa 35 000 Gäste und 1 300 Helfer. Sie verfolgten die Sport­ver­anstaltung und arbeiteten an der weltweit größten Skisprungschanze. Die beiden Wett­kampftage der Skispringer sahen sich 7,2 Millionen Fernsehzuschauer in den Livesendungen der ARD an. Der Sportevent wurde mit insgesamt 27 [?]HD-Kameras als internationales feedproduziert. Die intern. TV Distirbution liegt bei Infront Italy und wurde in mehr als 20 Länder live ausgestrahlt.

Die Skisprungfans erreichten das Stadion unterhalb der Mühlenkopfschanze von den Parkplätzen nach etwa 1 500 Metern Fußweg. Wer dann den alpinen Berg hinauf zur Schanze schaute, kam ins Staunen über dass, was kein Fernsehbild zeigen kann. Wie können leichtge­wichtige Sportler etwa aus der Höhe des Kölner Doms auf zwei „Brettern“ den 100 Meter langen und 35 Grad geneigten Anlauf herunterrutschen, am Schanzen­tisch abspringen und durch die Luft in die Tiefe fliegen, um dann nach etwa 150 Metern mit rund 90 Stundenkilometern auf beiden Beinen sicher zu landen? Für über 60 der weltbesten Skispringer war das am Samstag im Teamwettbewerb und am Sonntag im Einzelspringen kein Problem. Alle Sportler landeten unfallfrei im Tal.

Der sogenannte Adlerhorst, der höchste Punkt oberhalb des Anlaufturms der Schanze, dient den Sportlern als Warte- sowie Aufwärmraum. Bis hierhin wurden   die Kabel für drei HD-Kameras verlegt. Um vom Auslauf der Schanze dorthin zu gelangen, war zuerst eine etwa fünfminütige Fahrt mit der Seilbahn neben der Schanze erforderlich. Nach einem kurzen Fußweg und Umstieg in einen gläsernen Aufzug am Anlaufturm, mussten die Sportler dann etwa in die sechste Etage hochfahren. TV-Mitarbeiter die zu Fuß auf den Berg mussten, gelangten auch über unzählige, übergroße und stählerne Treppen­stufen, einen schneebe­deckten sowie glatten Serpentinenweg neben der Schanze und den erwähnten Lift dorthin.

Für die Zuschauer am Fernseher und das Publikum im Stadion, die das Geschehen zusätzlich über zwei Videowalls verfolgen konnten, sollte die Redaktion und Produktion den nur etwa zehn Sekunden dauernden Skisprung der Sportler bestmöglich aus 25verschiedenen Perspektiven mit den Kameras in Szene setzen.

Der Produktionsaufwand für die internationalen Live-Sendungen vom Skisprung Weltcup, die samt Training und Qualifikation, von der ARD und von Eurosport an drei Tagen ausgestrahlt wurden, war gigantisch. Der Hoastbroadcaster Deutscher Skiverband (DSV) hatte die Firma TopVision aus Berlin mit der Herstellung des internationalen Fernseh­bildes in HD (1080i) und Stereoton beauftragt. Der TV-Aufbau begann am Montag vor Veranstaltungsbeginn im TV-Compound. Dort standen später etwa 20 verschiedene Produktionsfahrzeuge, diverse Container, eine Präsenter-Position der ARD, 10 Kommentatoren-Kabinen für Hörfunk und Fernsehen und ein Cateringzelt. Insgesamt wurden bei winterlichem Wetter […]Meter Kabel für die 27 [?]HD-Kameras und die Mikrofonierung (Antennen für die 5 drahtloskameras dürfen auch nicht vergessen werden – jede Antenne braucht ein Kabel zum Ü-Wagen und d sind bestimmt mind. 8 Antennen im Einsatz gewesen).verlegt. Zwei Gerüste und ein 60 [?]-Meter-Steiger für Kameras waren neben der Skisprungschanze und hinter dem Auslauf am Stadion aufgebaut worden. Insgesamt vier hochauflösende Chipkameras wurden in der Anlaufspur der Schanze, der Ampel und Uhr sowie im Jury-Turm installiert. Zwei Kamerakräne neben dem Anlauf und dem Aufsprung sowie eine Polecam am Balken der Schanze lieferten dynamische Bilder von den Skispringern aus diversen Perspektiven. Eine [?]Highspeed- Handkamerazeigte die Sportler in allen Phasen des Sprungs, auch in Superzeitlupe.

Die Bundesnetzagentur war mit zwei Fahrzeugen vor Ort und koordinierte und überwachte alle Funkfrequenzen, die von fünf []drahtlosen HD-Kameras sowie unzähligen Mikrofon-Handsendern, In-Ear-Empfängern, Funkgeräten, WLAN-Ver­bindungen und Mobiltelefonen im Veranstaltungsbereich genutzt wurden.

Ein Stadionsprecher kommentierte das Geschehen rund um die Mühlenkopfschanze, was die Zuschauer zusätzlich als Programmbild über zwei LED-Videowalls sehen konnten.

Parallel zum übernommenen internationalen Bild- und Tonsignal produzierte der Hessische Rundfunk das nationale Fernsehbild für die ARD-Sportschau mit sieben Kameras eines HD-Ü-Wagen vom NDR. Insgesamt waren rund 130 Mitarbeiter an der TV- und Hörfunk-Produktion in Willingen beteiligt.

Die inhaltlichen Herausforderungen zur Produktion des Weltbildes bestanden für Regisseur, Sportredakteurin, Produktions­leiter, Bildmischer, Kameraleute und Slomo-Operator darin, den jeweils etwa zehn Sekunden kurzen Skisprung, samt den zeitgleichen Reaktionen der Trainer, den Emotionen des Publikums sowie anderer Beteiligter, mit der dazugehörenden Grafik, samt den einzelnen Skisprungphasen auf etwa eine Minute, mit den schönsten von den Kameraleuten eingefangenen Bildern, für die TV-Zuschauer zu verlängern. Im Weltbild wurden dann die jeweils aufge­zeichneten und interessantesten Slomobilder auch in Superzeitlupen sinnvoll re-live unterge­bracht. Für die Inszenierung der Fernsehbilder hatte der DSV den mit inter­nationalen Sportevents besonders erfahrenen Regisseur Thomas Strobl engagiert. In den täg­lichen Regiebesprech­ungen erläuterte Strobl jedem Kameramann die oft nur zwei bis drei Sekunden dauernden Szenen und in welcher Art sowie Einstellgröße sie mit den HD-Kameras aufzunehmen sind, damit sie in eine inhaltlich spannende und interessante Gesamtbildabfolge mit etwa […]Bildschnitten pro Sprung samt Slomos integriert werden können, bis dann der nächste Skispringer abfahrtbereit auf dem Balken der Schanze sitzt.

Weil es unmöglich ist, an fünf verschiedenen Orten zeitgleich stattfindende Aktionen in einem Fernsehbild zu zeigen, wurde viele Aufnahmen nicht nur chronologisch live gezeigt, sondern re-live, also mit den besten Szenen zeitversetzt um einige Sekunden.

(Damit wäre ich sehr vorsichtig, denn das ist wie beim Fussball mit dem Ball von Jogi Löw zu sehen – nicht das der Schuss nach hinten losgeht!!! Ich würde es noch viel vorsichtiger formulieren.!!)Für die Aufzeichnung und Auswahl der schönsten Bilder waren acht Slomo-Operator zuständig, die rückwärtig in der 1. Bildregie und in der geöffneten 2. Bildregie im Ü-Wagen saßen. Der 1. Slomo-Operator ließ sich die besten Szenen über die mit Headsets ausgestatteten anderen Slomo-Operator im Ü-Wagen an­sagen. Dann schlug er jeweils die sinnvollste Abfolge der Slomos dem Regisseur und Bild­mischer vor.

Eine neben dem Regisseur sitzend Sportredakteurin beobachtete parallel sieben Monitore, auf denen die ihr alle namentlich bekannten Sportler im Springerlager, der Leaderbox, im Adlerhorst und dem Auslauf zu sehen waren. Zeitgleich musste sie die aktuellen und sportlichen Ergebnisse beobachten, die im benachbarten Container als Grafik hergestellt wurden und als Bildsignal am Bildmischer im Ü-Wagen anlagen. Sobald ein Sportler nach dem Skisprung als Reaktion in eine der Kameras winkte, wurden diese Bilder auch noch re-live im Programmbild untergebracht.

In der großen Ü-Wagen-Regie konnten die Bilder der Kameras, Slomos und aller sonstigen Bildquellen auf etwa 45 [?]HD-Monitoren betrachtet werden. Wer während der Produktion den Ü-Wagen betrat, hörte einen nahezu unverständlichen Sprachen­mix der Anwesenden und aus Lautsprechern mit zeitgleichen kurzen Kommandos und diversen Abkürzungen vom Bildmischer und 1. Slomo-Operator, der Sport­redakteur­in, dem fast durchgängig sprechenden ARD-Kommentator und letztendlich den knappen An­weisungen des Regisseurs. Und die Mitarbeiter sprachen alle in unter­schiedlicher Laut­stärke. Das hörte sich dann als zweiminütiger Original-Ausschnitt so an (die Ziffern geben die Kamera und Slomo an):

Vierschanzentournee Oberstdorf 2015

Strobl: „Der hat aber geil mitgefiebert in der Slow 3.“ Redakteurin: „Vater oben.“ 1. Slomo-Operator: „Slow 7.“ Strobl: „Mit den Händen! – Achtung Slow 3! – Und Slow 3 bitte – ab jetzt!“ Redakteurin: „Dort ist die Mutter!“ Strobl: „Mama!“ ARD-Kommentator: „Das ist die Mutter…“ Strobl: „Und oben dann auf den Papa!“ – Geh hoch auf den Cube! – Und Grafik raus. – Papa! Und zurück auf die 13! 13 – passt schon. – 13 raus und Führenden – 13!“ Bildmischer: „20“. Strobl: „Sehr geil Karim! – Grafik!“ Redakteurin: „Österreich in der 2.“ Strobl: „Freund (Skispringer) oben zeigen. Sitzt der dort irgendwo? Wo sitzt der Freund im Aufwärmraum?“ Redakteurin: „Rechts!“ Strobl: „Oben offen anfangen mit Zufahrt!“ 1. Slomo-Operator zu einem Kollegen: „Die Highspeed würde gehen. – Dann ist in der Slow 4 die Team-Reaktion.“ Redakteurin: „Freund setzt sich seinen Helm auf!“ Strobl: „Passt – Slow 4.“ Bildmischer: „Die Kamera 2 re-live.“ 1. Slomo-Operator: „Ja steht!“ Bildmischer: „Achtung Slow 1.“ Strobl: „Wir können uns ein bisschen mehr Zeit lassen, wenn wir sie noch haben.“ Bildmischer: „Danke! Slow 1 re-live ab – 4.“ – Strobl: „Führender ist immer noch unserer Freund, der Tankstellenbesitzer [war oder ist Freund das tatsächlich? Nein das ist der Sponsor von Marinus Kraus der hat einen Kopfsponsor mit AVIA drauf und deshalb sag ich immer „Tankstellenbesitzer“]– weiter mit dem Führenden.“ Redakteurin: „Applaus!“ Strobl: „Applaus nachschieben von der K 13!“ 1. Slomo-Operator: „Kriegst du, K 13 Applaus! – Slow 6 bitte!“ Strobl: „Auch die 24 war mit dem Daumen geil!“ 1. Slomo-Operator: „Und die Highspeedkamera!“ Strobl: „Die 24 war super!“ (…)

Der deutsche Skispringer Severin Freund war der spätere Sieger des Einzel­springens mit 149,5 Metern. Strobl hat das Rennen richtig gelesen und mit seinem Team … inszeniert

Die Bildtechnik befindet sich am Heck des Ü-Wagens. Dort ging es für die Bildingenieure eher ruhig zu. Alle HD-Kameras an der Schanze zeigten auch bei einsetzender Dämmerung sowie der nachfolgenden Dunkelheit und Flutlicht mit zusätzlichem HMI-Licht durchgängig farbgleiche und brillante HD-Bilder auch im Schneetreiben. Deshalb konnte Achim Jendges, technischer Leiter der inter­nationalen TV-Produktion, beobachtend in der Bildtechnik des Ü-Wagens sitzen und schon mal die E-Mails in seinem Notebook checken. Zeitgleich wurden dort Kamerabilder mit […][HD-CAM, Festplatte?]MAZen aufgezeichnet.

Der Toningenieur hatte eine Stereo-[?]Mikrofonierung mit […]Mikrofonen hergestellt. Am Stagetec Aurus Mischpult in der Tonregie hinter der Fahrerkabine des Ü-Wagens wurde der Sound für das Programmbild gemixt. Die HD-Bilder und der Ton wurden live per HD-SNG-Uplink über einen Satelliten zur ARD und in mehr als 20 Länderlive gesendet. …

 

Die Tätigkeit des DSV als Hoastbroadcaster entwickelt sich rasant und steil nach oben – vergleichbar mit Sportcast beim Fussball ist der DSV ein Garant für Qualitätsproduktionen im Wintersport. Das kreative Team, welches ich seit mehreren Jahren gebildet hat und sich aus den besten in Deutschland zusammenstellt, ist „Winterfest“ und kommt mit den harten Anforderungen bestens zurecht – das ist nicht selbstverständlich – eine organische positive Richtung. Die Produktion um Rudi Tusch (ehem. Skisprungtrainer GER) macht ebenfalls einen hervorragenden Job.

Die Realisierung von Sportvents wird immer komplexer, der Sport und das Regelwerk verdichten sich mehr und mehr – die Herausforderung liegt daran „die Geschichten herauszufiltern und zu erzählen“ – das ist eine wunderbare Aufgabe für einen Regisseur, die Werkzeuge dafür stehen bereit.

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